Als Singlefrau alleine Weggehen

| aktualisiert am 17. September 2014

Als Singlefrau alleine Weggehen? Geht gar nicht. Oder doch? In einer neuen Serie beleuchtet unsere Gastbloggerin Patricia dieses Thema, über das niemand wirklich spricht und viele Singlefrauen aus München brennen interessieren dürfte:

party-in-der-barEs ist ungefähr ein gutes Jahr her, als ich – Mitte Dreißig, Single, berufstätig, ein Kind – eine etwas niederschmetternde Feststellung machte: Das klappt irgendwie gar nicht mehr mit dem Weggehen. Es war wie verhext: All die coolen Münchner Clubs zum Ausgehen, so viele flirtbereite Singles wie in keiner anderen deutschen Stadt – und ich, eigentlich frei und ungebunden, saß Woche um Woche zu Hause, anstatt die Tanzflächen zu erobern.
Das Problem: Die Zeit war einfach nicht stehen geblieben in den letzten zehn Jahren. In diesen hatte sich mein Freundes- und Bekanntenkreis offenbar zweigeteilt. Das eine Lager: Ging kaum oder gar nicht mehr weg, weil die Kinder so früh wach wurden, die Zeit mit dem Partner knapp war, die Arbeit rief – und überhaupt sei man zu alt für Clubs und es ginge dort eh immer erst so spät los. Das andere Lager: Bestand aus den Kinderlosen mit dem unverwüstlichen Biorhythmus, die so feucht-fröhlich die Nacht durch feierten, als ob es keinen Morgen gäbe.
Laughing young women enjoying themselvesUnd ich war genau zwischen diesen zwei Welten. Und damit voll in der Klemme. Denn weder wollte ich mein Tanzbedürfnis begraben, noch wollte ich um Mitternacht erst los, die Nacht durchmachen und am nächsten Tag meinen Kater pflegen. Ich wollte spontan sein, warum nicht auch mal unter der Woche ausgehen, ohne mir die Kante zu geben.
Ich hatte nun die Wahl: Entweder verzweifeln und auf dem Sofa weiter jammern oder es auf eigene Faust probieren.
Und so begann mein Experiment: Wie gut kann man als Single-Frau, ganz alleine, in den einschlägigen Münchner Clubs weggehen? Und vor allem: früh, und nicht so lange, und nicht so exzessiv?
Ich machte eine Liste. Meine erste Station: Das juke&joy Afterwork im Pacha und 089 (immer donnerstags). Fand ich super, um meinen gesunden Mittelweg anzutesten; der frühe Beginn (Tür öffnet um 19.00h im Pacha, um 21.00h im 089) hatte ebenso frühes Schlafenszeit-Potential – ein Traum für meinen Schlaf-/Wachrhythmus.
Zufrieden mit meinem Plan kam mir jedoch am großen Tag selbst etwas in die Quere:
Ein Anfall eklatanter Schamgefühle.
Mein innerer Monolog klang in etwa so: „Alleine weggehen? Wie peinlich. Alle werden denken, dass ich keine Freunde habe und dass mit mir etwas nicht stimmt. Sie werden mich bemitleiden, komisch anstarren, lästern. Und ich werde blöd rumstehen, mich wahrscheinlich eh nicht trauen zu tanzen….“.


Ich ließ das Kopfkino eine Weile gewähren, dann machte ich einen Deal mit mir selbst: Ich würde es zumindest probieren und mindestens eine Stunde bleiben. Wenn ich mich dann tatsächlich nicht wohlfühlen sollte, dann könnte ich immer noch gehen.
Los ging’s.
Nach einem Glas Mutmach-Prosecco zu Hause schlug ich kurz nach 21h im Pacha auf. Es war ein warmer Sommerabend, und die Terrasse war voller angeregter Unterhaltungen zwischen Menschen, die – na klar- mit ihren Freunden da waren. Nicht alleine.
Ich hatte mir zu Hause noch überlegt, dass ich mir notfalls mit einer kleinen Ausrede behelfen könnte, falls jemand mein Alleinsein bemerkt und mich darauf verwundert anspricht. Dass meine Verabredung kurzfristig abgesagt habe, würde bestimmt plausibel klingen.
Trotzdem musste ich jetzt erst mal diese lange Terrasse bis zum Welcome-Drink-Tresen durchqueren, während ich mir vorstellte, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren.
Geschafft.
Am Welcome-Drink-Zettel-Ausfüll-Stehtisch hatten es sich zwei Männer mit ihren Drinks bequem gemacht; einer geschätzt etwas jünger, der andere etwas älter als ich. Beide eigentlich nicht mein Typ – aber irgendwie sympathisch. Diesen Eindruck nahm ich kaum bewusst wahr – schon hatte der sich nach Anschluss sehnende Anteil in mir sie mit einem etwas abgekarteten Spruch angesprochen (ich glaube ich hab wirklich gefragt, ob sie die Welcome-Drinks bewachen. Oder so ähnlich.) Und schon waren wir mittendrin in einem netten Gespräch. Entspannt. Ohne Absichten. Einfach den Abend und die Zeit genießend.
Irgendwann kam natürlich die gefürchtete Frage. Ob ich denn allein hier sei. Ich dachte an meine vorbereitete Antwort – aber irgendwie gab es keinen Grund, den beiden etwas vorzumachen. Also sagte ich doch tatsächlich die Wahrheit: Dass mir einfach nach Ausgehen und Tanzen war, aber es gar nicht so einfach ist, jemanden in meinem Bekanntenkreis so in der Woche und zu dieser Zeit dafür zu gewinnen. Und dass ich mich einfach nicht damit abfinden wollte, zu Hause zu bleiben. Außerdem komme man viel besser mit neuen Leuten ins Gespräch, wenn man alleine unterwegs sei.
Statt irritierten Blicken – Anerkennung für meinen Umgang mit den Tanzhummeln im Arsch. Das macht man eigentlich viel zu wenig, sagte der Ältere sogar.
Der jüngere der beiden kam von außerhalb und zog es vor, nach einem weiteren Drink heim zu gehen. Mit dem anderen eroberte ich schließlich die Tanzfläche. Nachdem ich eine ganze Weile nicht mehr Tanzen war, war es wie eine Erleuchtung, für mich in dem Moment das größte Glück der Welt.
Ich war seitdem mehrfach zum Afterwork dort, zum Teil alleine, zum Teil mit Freundinnen. Durch die frühe Öffnungszeit findet sich eine angenehme Mischung an Leuten zu verschiedenen Musikstilen dort ein: Im Pacha zur früheren Zeit das etwas ältere After-Work-Volk, das relativ bald zu elektronisch/House dominierten (absolut tanzbaren) Beats auf die Tanzfläche geht; und zu späterer Stunde dann das etwas jüngere Partyvolk im 089 zu Charthits/Dancefloor. Dort kann es dann zu etwas noch späterer Stunde etwas sehr fleischbeschaulich werden – mich stört das nicht, denn man entscheidet schließlich selbst, ob man drauf eingeht oder nicht. Ich persönlich bin zu der Zeit meistens eh schon vom Tanzen ausgetobt, schweißnass und glücklich auf dem Heimweg.
Vom Welcome-Drink-Bewacher verabschiedete ich mich, dankbar für den schönen Abend, mit einem Busserl auf die Wange. Es war etwa Mitternacht, als ich mich auf den Heimweg machte – glücklich, ab jetzt wieder die uneingeschränkt freie Wahl zwischen Sofa und Tanzfläche zu haben.

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