Der Blick hinter den Glamour

| aktualisiert am 14. Januar 2020

Als Singlefrau alleine Weggehen? Geht gar nicht. Oder doch? In dieser neuen Serie beleuchtet unsere Gastbloggerin Patricia dieses Thema, über das niemand wirklich spricht und viele Singlefrauen aus München brennen interessieren dürfte. Im zweiten Teil der Serie war Patricia im P1 unterwegs:

iStock_000015101435_LargeVor einiger Zeit beschrieb ich in Teil 1 dieser Weggeh-Serie, dass alleine Ausgehen eine Alternative zum Sofa sein kann, wenn einem nach Abtanzen zumute ist – aber die eigenen Freunde anderweitig verplant sind oder sich schlicht zu alt fühlen. Aber stimmt das auch für DEN Münchner Club, den Inbegriff der Münchner Schickeria – das legendäre P1?
Ich war zuvor noch nie im P1 und hatte daher gehörigen Respekt. Strenge Tür, abschätzig blickendes Barpersonal, gesalzene Getränkepreise, und Gäste, die ihre Nase eine Etage höher trugen. Schön und gut, wenn mein erstes Alleine-Weggeh-Experiment im Pacha und 089 geklappt hatte, dachte ich mir – aber in dem Club der Reichen und Schönen, mit all dem „Dazugehören“, „Sehen und Gesehen werden“, würde das allein Dasein bestimmt auffallen.
Es half nichts – meine Befürchtungen und Vorurteile konnten wieder nur durch die Realität auf die Probe gestellt werden. Und so ging’s gegen 23.00h erneut in die Nacht.
Es begann jedoch: GENAU wie ich es mir vorgestellt hatte.Schon von weitem erkannte ich massige, finster drein blickende Türsteher. Arrogant vor sich her parlierende Mädels in Kleidchen und Super-Highheels stiegen aus Taxis; ihre gelangweilt ausschauenden männlichen Begleiter im Schlepptau.
Ich näherte mich der Tür, die in voller Breite von einem der finster drein blickenden Türsteher verstellt war. Es war noch relativ früh, und er forderte mich auf kurz zu warten. Da mir bei seinem Anblick nichts anderes einfiel, begann ich spontan ein Gespräch über American Football. Meine Intuition wurde belohnt –sofort befand ich mich mit meiner neuen Bekanntschaft in einem hochinteressanten Dialog, der gerade so an den äußeren Grenzen meiner zugegebenermaßen beschränkten Kompetenz in dieser Sportart entlang schrammte. Das Reinkommen ins P1 ist für mich seitdem nie ein Problem gewesen. (Was wahrscheinlich weniger an meinem Footballwissen lag, sondern eher daran, dass selbst einem P1-Türsteher kaum ein guter Grund einfallen sollte, eine früh und allein auftauchende, ordentlich frisierte Frau wegzuschicken.)
Drinnen hatten es sich die Highheel-Mädels und ihre Trophäenmänner revierartig in ihren party-in-der-barLounges bequem gemacht. Und die Barfrau an der nächsten Bar muss ihren abschätzigen Blick geradezu trainiert haben. Ich wurde unsicher. Was wollte ich hier bloß? Warum verprasste ich gerade in etwa den Gegenwert meiner halbwöchigen Lebensmittelausgaben für einmal Reinkommen, Garderobe und einen Drink – und eine vom Dazugehören und bloß nicht Auffallen geprägten Stimmung?


Ich besann mich auf das, was mir immer hilft, wenn mich mein Kopfkino in Schach hält: Durchatmen. Wahrnehmen. Ich merkte auf einmal, dass die Musik grandios war. Sensationell gut eigentlich – genau mein Ding. Ein mitreißender Mix aus urbanem Clubsound vom Feinsten. Zeit, dieTanzfläche zu erobern! Nur: War diese natürlich noch komplett leer. Allein wollte ich auch nicht loslegen – die Vorstellung, das alle Blicke auf mich gerichtet sein würden, war, gelinde gesagt, ein wenig einschüchternd.
Das Durchatmen zeigte jedoch endlich Wirkung – und mir wurde erneut etwas klar:
Ich hatte schon wieder die Wahl. Ich konnte entweder aus Scham vor den Urteilen der Schickeria einfach still an dieser Bar stehen bleiben/nach Hause gehen/eine Ewigkeit warten bis sich die Tanzfläche füllte – während alles in mir sich jetzt in dem Moment zu dieser grandiosen Musik bewegen wollte. Oder ich konnte tanzen, als ob mich keiner dieser – womöglich nur in meiner Vorstellung existierenden – anstarrenden Blicke und Urteile auch nur ein Fitzelchen anging.
Ich löste mich langsam von meinem Platz an der Bar, betrat vorsichtig die Tanzfläche und nahm langsam die Musik in mich auf. Ich schloss die Augen, nahm innerlich Abstand zu allem und allen um mich herum. Und dann war mir alles – egal.
Nach einer gefühlten Ewigkeit (einer Stunde vielleicht?) tauchte ich langsam wieder aus meiner Tanz-Transzendenz auf. Ich schaute mich vorsichtig um – vereinzelt einige weitere Tänzer, und keine verächtlichen Blicke. Eigentlich sogar kaum Blicke – die meisten Highheel-Mädels und ihre Männer hatten nämlich anderes zu tun, als sich um eine tanzende Frau den Kopf zu zerbrechen. Und die Blicke, die mich auf dem Weg Richtung Garderobe doch trafen – drückten gefühlt eher Respekt und Neugier aus.
Man kann also doch – auch im Oanser.
Überhaupt kann das P1 ganz unterschiedlich sein – das Publikum hängt zum Teil vom Event/Musikstil des Abends ab. Es ist nicht unbedingt meine Lieblingslocation geworden – aber das Image des über-Schickimicki-Clubs ist meiner Erfahrung nach überzogen. Gerade für 35+ Singles auf jeden Fall eine gute Option zum Ausgehen in München in der sonst sehr adoleszenten Clublandschaft. Wenn man v.a. am Wochenende die langen Schlangen vermeiden will (und ab einem bestimmten Alter hat man auf die wohl keine Lust mehr…), sollte man auf jeden Fall bis spätestens Mitternacht aufschlagen.
Die Türsteher kamen mir auf einmal viel weniger finster vor, als ich mich zu gewohnt früher Stunde auf den Heimweg machte, in einem genießerischen Frieden mit dem schicken Ambiente um mich herum.
Und so ein bisschen Glamour gibt dem Münchner Singleleben vielleicht überhaupt erst den besonderen, ureigenen Charakter.
Und wie sind eure Erfahrungen, liebe Münchner Singles? Geht ihr auch manchmal alleine los und wo fühlt ihr euch dann am wohlsten?

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